Vereinigung der Fußballer

Social Media – Fluch und Segen zugleich!

Wieviel Hass müssen Athlet*innen aushalten? Hier ein Like – dort ein Daumen hoch. Mit dem Auftreten in sozialen Medien ist es Athlet*innen möglich, eine Fanbase aufzubauen, mit der man Hochs und Tiefs der Karriere teilen kann. Doch verheißt das Auftreten auf Facebook, Instagram und Co. nicht immer nur Gutes. So sind rassistische, ausländerfeindliche, frauenfeindliche oder homophobe Nachrichten gegen Athlet*innen verpackt in Unmutsäußerungen längst keine Seltenheit mehr.

Nach einer Studie von Manchester United stieg der Hass gegen ihre Spieler im Internet seit 2019 um unfassbare 350%. Auch der Leichtathletik-Weltverband kennt das Problem. So wurden im Zeitraum der Olympischen Spiele in Tokio die Postings im Internet untersucht und erkannt, dass besonders Leichtathlet*innen Ziel diskriminierender Meldungen waren. Mit dem Schutzmantel der (vermeintlichen) Anonymität agieren sogenannte „Fans“ im digitalen Raum und können mit Leichtigkeit ihren Unmut äußern, der direkt bei den Athlet*innen ankommt. Aber wie viel solcher „Kritik“ haben Athlet*innen zu tolerieren? Wann wird eine Unmutsäußerung zu einer rechtlich beachtlichen Beleidigung, Drohung oder gar Verhetzung? Was für Möglichkeiten stehen den Athlet*innen im Ernstfall zur Verfügung, sich gegen derartige Äußerungen zu wehren?

PERSÖNLICHKEITSRECHTE VON ATHLET*INNEN

Zu oft kursieren in den sozialen Medien Kommentare, die der Autor an dieser Stelle nicht wiedergeben will. Derartige Kommentare haben das Potential, die Rechte eines Menschen zu verletzen: Ein Blick in das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) verrät nämlich, dass ein „jeder Mensch angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte“ hat (§ 16 ABGB), worunter allen voran der Schutz des Lebens, gefolgt von den Rechten auf Freiheit, Familie, Ehre, das eigene Bild und den Schutz des Namens und der Privatsphäre zu verstehen sind. Besonders die Ehre der Athlet*innen, die in der Öffentlichkeit stehen, ist gefährdet, durch Wortmeldungen in den sozialen Medien verletzt zu werden.

Unter Ehre wird der aus der Personenwürde entspringende, jedermann zukommende Anspruch auf achtungsvolle Behandlung verstanden (vgl. OGH 6 Ob 40/09i). Das Recht auf diese achtungsvolle Behandlung schützt daher Personen neben Beschimpfungen, Herabwürdigungen oder Verspottungen (=Ehrenbeleidigung), auch vor Verbreitungen unwahrer Tatsachen, die den wirtschaftlichen Ruf gefährden (=Rufschädigung). Selbstverständlich gilt das auch im Internet. Doch wann man von Ehrenverletzungen und nicht mehr erlaubter Kritik sprechen kann, ist oftmals gar nicht so leicht abzugrenzen – gerade, wenn Personen des öffentlichen Lebens im Spiel sind. Dar- unter fallen neben Politiker*innen oder Künstler*innen eben auch Athlet*innen.

Bei Eingriffen in den höchstpersönlichen Lebensbereich sind nämlich nach der jüngeren Judikatur des OGH stets die Persönlichkeitsinteressen mit dem Allgemeininteresse und der Freiheit des Handelnden (Art 10 EMRK: Grundrecht auf freie Meinungsäußerung) abzuwägen (vgl. ua OGH 6 Ob 71/10z). Es ist daher eine Interessenabwägung durchzuführen. Bei der Beurteilung von Äußerungen, bezogen auf Personen des öffentlichen Lebens und damit oftmals öffentlichen Interesses, ist der Maßstab anders anzulegen als bei Privatpersonen. Das bedeutet grundsätzlich, dass Athlet*innen, die im öffentlichen Leben stehen, mehr und tiefgreifendere Eingriffe in ihre Rechte „aushalten müssen“, als Spieler*innen in der Unterklasse oder generell Privatpersonen.

Wenngleich immer eine einzelfallbezogene Interessenabwägung durchzuführen ist, darf daraus aber keinesfalls gefolgert werden, dass eine rein auf Hass basierte Äußerung zu dulden ist.

WAS FÄLLT UNTER HASS IM NETZ?

Rassistische, ausländerfeindliche, frauenfeindliche oder homophobe Äußerungen, die Beschimpfungen bis hin zu Todesdrohungen enthalten, sind nämlich sowohl zivil- als auch strafrechtlich zu betrachten.

Auf zivilrechtlicher Ebene können Hasskommentare oder Postings den bereits genannten Tatbestand der Ehrenbeleidigung erfüllen (§ 1330 Abs 1 ABGB). So fallen darunter eben Beschimpfungen, Herabwürdigungen oder Verspottungen. Die Ehre wird jedoch nur dann verletzt, wenn eine gewisse Publizität gegeben ist. Wenn also Athlet*innen ohne Anwesenheit Dritter – in sozialen Medien etwa im Rahmen eines Privatchats – beschimpft werden, werden sie nicht in ihrer Ehre verletzt. Selbiges gilt für den zweiten in Frage kommenden Tatbestand: den der Kreditschädigung (§ 1330 Abs 2 ABGB). Erst im Rahmen einer Verbreitung einer unwahren Tatsache – etwa im Rahmen eines öffentlichen Postings – über Athlet*innen, kann ihr wirtschaftlicher Ruf gefährdet werden. Für die Publizität reicht aber bereits die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme durch eine weitere Person.

Auf strafrechtlicher Ebene sind Hasspostings im Internet ebenso relevant und können oftmals zahlreiche Straftatbestände erfüllen. Beispielsweise kann die Ankündigung einer Körperverletzung, die geeignet ist, Athlet*innen in Furcht und Unruhe zu versetzen, den Tatbestand der gefährlichen Drohung erfüllen (§ 107 StGB).

Auch hinsichtlich der öffentlichen Äußerungen (Kommentare, Postings),die die Ehre der  Athlet*innen verletzen, kennt das Strafrecht rechtliche Rahmen. Zu beachten ist dabei unter anderem das

Delikt der üblen Nachrede (§ 111 StGB) oder der Beleidigung (§ 115 StGB). Besonders bei rassistischen Äußerungen konnte im letzten Jahr nachgeschärft werden. So stellt bereits eine öffentliche In- dividualbeleidigung gegen Angehörige geschützter Gruppen (u.a.: Rasse, Hautfarbe oder Abstammung), die geeignet ist, die Gruppe oder Person verächtlich zu machen oder herabzusetzen, Verhetzung dar (§ 283 StGB). Es ist zu hoffen, dass dadurch Kommentaren mit Bananen- oder Affenemojis, wie man sie leider nur zu oft sieht, ein für alle Mal ein Ende gesetzt wird.

Es wurde auch das Delikt des „Cyber-Mobbing“ ausgeweitet. So genügt nun ein bereits einmaliges Verfassen eines gegen die Ehre gerichteten Hasspostings für eine fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems (§ 107c StGB). Ein Erfüllen dieses Tatbestandes verdrängt die anderen verwirklichten Ehrendelikte (§ 111 StGB, § 115 StGB) im Netz und ist mit einer höheren Strafe bedroht.

IM VISIER VON HASS IM NETZ – WAS IST ZU TUN?

Das am 01.01.2021 in Kraft getretene Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz (BGBl. I Nr. 148/2020) stellt neben den oben ausgeführten Verschärfungen auch neue Werkzeuge zur Verfügung, um im Ernstfall bestmöglich reagieren zu können.

Als erster Schritt ist es wichtig, die Vorfälle entsprechend zu dokumentieren. Screenshots der Hasspostings, in den der Verfasser und das Datum erkennbar sind, können nämlich als Beweismittel genutzt werden.

In einem zweiten Schritt sollte man das Meldesystem, zu deren Einrichtung Plattformen wie Facebook, Instagram und Co. verpflichtet sind, nutzen. Wenn man das Posting über den Meldebutton meldet, fordert man die Plattform auf, das Posting zu löschen – das sollte bei offensichtlichen Hassäußerungen innerhalb von 24 Stunden der Fall sein.

Falls das Posting nicht gelöscht wird, kann in einem weiteren Schritt der Verfasser des Postings auf Unterlassung und Beseitigung der Meldung geklagt werden. Für erhebliche Persönlichkeitsverletzungen im Internet steht ein neues Sonderverfahren – das sogenannte Mandatsverfahren (§ 549 ZPO) – zur Verfügung, das eine rasche, kostengünstige Durchsetzung der Ansprüche vor Gericht gewährleisten soll. Dafür müssen nur das – online zur Verfü- gung gestellte – Formular ausgefüllt und darin die Rechtsverletzungen durch die Angaben und die angehängten Nachweise (z.B.: Screenshot) ersichtlich gemacht werden – das kann auch ohne Anwalt erfolgen. Die Kosten für den Antrag belaufen sich derzeit auf EUR 107,–. Wenn die Identität des rechteverletzenden Nutzers noch nicht bekannt ist, kann zudem zuvor ein Antrag auf Herausgabe der Nutzerdaten gegen die Diensteanbieter bei Gericht gestellt werden.

Auch auf Ebene des Medienrechts gibt es Handhabe gegen Hasspostings. So können betroffene Athlet*innen Entschädigungen für die erlittene persönliche Beeinträchtigung von dem Medieninhaber (also dem Inhaber des Profils) verlangen.

Zu guter Letzt ist für die strafrechtliche Verfolgung der Hasspostings die Erstattung einer Anzeige bei der Polizei erforderlich. Im Falle der üblen Nachrede (§ 111 StGB) und Beleidigung (§ 115 StGB) gibt es für Athlet*innen als Privatankläger*innen keine Kostenersatzpflicht für Verfahrenskosten. Auch wird ihnen bei strafrechtlich zu beachtendem Hass im Netz auf ihr Verlangen juristische als auch psychosoziale Prozessbegleitung zur Verfügung gestellt. So soll die Hemmschwelle zur tatsächlichen Verfolgung virtueller Übergriffe möglichst abgebaut werden.

IN KÜRZE

Athlet*innen kommen immer häufiger ins Visier von Hass im Netz. Wenngleich sie als Personen des öffentlichen Lebens mehr tolerieren müssen als Private, heißt das nicht, dass „Kritik“ an ihnen grenzenlos ist. Nach Novellierung der Rechtslage durch das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz können sich Athlet*innen nun noch besser gegen beispielsweise rassistische, ausländerfeindliche, frauenfeindliche oder homophobe Äußerungen wehren. Sowohl das Zivil-, Medien- als auch das Strafrecht stellen den Athlet*innen Möglichkeiten zur Verfügung, derartigen Postings ein Ende zu setzen.

 

Text: Florian Faulhammer

Rechtsanwaltsanwärter in der auf Sportrecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei Christina Toth.
office@christinatoth.at