Vereinigung der Fußballer

Mein Kind gehört mir

In nächster Zeit werden sich wieder viele verzweifelte Eltern an uns wenden, weil ihren Kindern durch ein nicht mehr zeitgemäßes Ausbildungsmodell des ÖFB jegliche Freude am Fußball genommen wurde. Österreich gehört mittlerweile zu den wenigen Ländern, in denen noch Ablösesummen für den Vereinswechsel im Nachwuchsfußball fällig werden. Eine Tatsache, auf die man nicht besonders stolz sein sollte.

Im Grunde genommen beginnt jede fußballerische Betätigung gleich. Die Eltern melden ihre Kinder freiwillig bei Fußballvereinen an. Am Anfang steht der Spaß im Vordergrund, aber zu einem späteren Zeitpunkt werden sich die Motive unterschiedlich gestalten. Für die einen wird Fußball weiterhin ein Hobby bleiben, andere werden versuchen ihr Hobby zum Beruf zu machen. Nicht mit jeder Anmeldung eines Kindes bei einem Verein ist auch der automatische Wunsch verbunden, diesen Sport später beruflich auszuüben. Daher geht es zuerst nicht um die Ausbildung, sondern um Möglichkeit einer spielerischen Betätigung. Es ist aber vor allem auch eine gesellschaftspolitische Entscheidung, den frühzeitigen Zugang von Kindern zum Sport zu fördern. Wenn dies der Fall ist, dann müssen Vereine in ihrer Tätigkeit entsprechend unterstützt werden. Obwohl es also irgendwann verschiedene Interessen geben wird, sollte der Fußball nicht zu einer reinen Ausbildungsindustrie werden.

Andere Zeiten

Mit der Abschaffung der Transfersummen nach dem Vertragsende der Spieler und der Erhöhung der Fernsehgelder ist im Profisport eine völlig neue Wettbewerbssituation entstanden. Bis diese Realität auch im heimischen Fußball angekommen ist, hat es jedoch einige Jahre gedauert und einer größeren Anzahl an Konkursen bedurft. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass viele in Österreich ausgebildete Spieler in europäischen Topligen zu Leistungsträgern geworden sind. Das wirkt sich natürlich auch positiv auf die Nationalmannschaft aus.

Greißler oder Supermarkt

Auch in anderen Wirtschaftsbereichen ist es im Laufe der Zeit zu Veränderungen gekommen. Deswegen sind aber nicht alle kleineren Unternehmen vom Markt verschwunden. Dafür waren allerdings neue Strategien erforderlich und eine konsequente Spezialisierung auf Maßnahmen, die wahrscheinlich bei den Branchenriesen nicht so gut funktioniert. Auf den Fußball umgelegt bedeutet das die Konzentration auf die Ausbildung von Nachwuchsspielern und vor allem die Möglichkeit von Spielpraxis auf hohem Niveau. Gerade letzteres wird bei größeren Klubs wohl eher selten der Fall sein.

6 aus 45 oder doch nur 1 aus 1 Mio.

Wenn es um die internationale Konkurrenzfähigkeit im Spitzensport geht, dann ist dies wohl der einzig richtige Weg. Selbst wenn sich der mannschaftliche Erfolg nicht einstellt, dann bleibt noch immer die Hoffnung auf eine lukrative Transfereinnahme. Ohne professionelle Voraussetzungen für die Nachwuchsarbeit wird es sich aber auch dabei eher um einen glücklichen Zufall handeln. Die Chancen auf einen Lottogewinn stehen eindeutig besser.

Entwicklungsstufen

Natürlich darf die sinnvolle sportliche Betätigung bei einem Verein auch etwas kosten. Aber muss die Refinanzierung des Nachwuchsbetriebes ausschließlich auf dem Prinzip Hoffnung auf zukünftige Transfereinnahmen aufgebaut sein? Gibt es dafür nicht auch andere Möglichkeiten, die vielleicht leistungsgerechter sind und nicht jedes Kind gleich zum „Eigentum“ eines überehrgeizigen Funktionärs machen? Der ÖFB versucht krampfhaft die Illusion aufrechtzuerhalten, dass alle Vereine an der Ausbildung von Spielern partizipieren können. Das wird mit einem System, das eher darauf abzielt nur ja keinen Spieler zu verlieren oder wenn schon, dann mit einer hohen Ablöseforderung verbunden ist, kaum funktionieren. Es wird nicht so viele Vereine geben, die bereit sind und auch über die finanziellen Mittel verfügen, für einen vielleicht 15-jährigen Nachwuchsspieler ein paar tausend Euro auf den Tisch zu legen. Die kontinuierliche Entwicklung mancher Talente wird damit verhindert und einige Kinder hören überhaupt mit dem Fußballsport auf.

Sport-Scheck?

Es sollte doch das Ziel aller Beteiligten sein, den größtmöglichen Nutzen aus der sportlichen Betätigung zu ziehen. Viele Vereine erbringen großartige Leistungen in der Nachwuchsbetreuung. Daher sollte die Lösung dieser Problematik auch ganz generell ein sportpolitisches Anliegen sein. Wie wäre es, wenn es zum Beispiel für jedes Kind jährlich einen sogenannten „Sport-Scheck“ vom Staat gibt? Alle Eltern erhalten für ihre Kinder einen gewissen Betrag zur Verfügung gestellt und können damit zumindest einen gewissen Beitrag zur sportlichen Ausbildung in einem Verein beisteuern.Die Vorteile dafür liegen auf der Hand:
Die Vereine profitieren davon, dass von Anfang an finanzielle Mittel zur Ausbildung zur Verfügung stehen. Dadurch werden spätere Ablöseforderungen überflüssig, weil der Verein bereits für die Ausbildung entschädigt wurde.
Für die Eltern ergibt sich ein zusätzlicher Anreiz die sportliche Betätigung ihres Kindes zu ermöglichen, egal ob es beim Hobby bleibt oder zum Beruf wird.
Für die Gesellschaft hat ein solches Modell deshalb positive Effekte, weil sich eine sportlich aktive Bevölkerung natürlich langfristig positiv auf den Gesundheitszustand und auch auf die Staatskassa auswirkt. Somit ergibt sich die Chance, aus einem von falschen Hoffnungen geprägten, mit rechtlichen Problemen behafteten und überholten System eine Win-Win-Situation für alle zu schaffen
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