Amateure

Zwischen Sehnsucht und Wirklichkeit

Bei Austria Salzburg heißt die Gegenwart Regionalliga, der Traum vom Profifußball ist ungebrochen. Zunächst droht aber ein Stadionproblem auf die Violetten zuzurollen. Die Suche nach einer Lösung gestaltet sich als schwierig – diese muss aber gefunden werden, will man weiter von Größerem träumen.

Salzburg in einer Zeit vor der Corona-Pandemie: Die Austria spielt mittlerweile in der Regionalliga und lockt an den Heimspieltagen nach wie vor den violetten Anhang ins Stadion. Die 1.566 Zuschauer fassende Anlage im Stadtteil Maxglan ist in ein violettes und weißes Fahnenmeer gehüllt, von den Rängen schallen Fangesänge: Festtagsstimmung in der Regionalliga. Nach dem Spiel feiert die Mannschaft mit ihrem Anhang, der seit 2015 auf einer zusätzlich errichteten Fantribüne seine Elf anfeuert.

Just jene Hintertortribüne bereitet den Vereinsverantwortlichen in der aktuellen Situation Kopfzerbrechen. Die Stadionerweiterung, einst vorgenommen für das krachend gescheiterte Abenteuer 2. Liga, könnte schon in drei Jahren rückgängig gemacht werden. Die Privatbrauerei Stiegl plant, auf einem Grundstück in unmittelbarer Nähe Wohnungen zu errichten, die Tribüne müsste weichen. Das bedeutet für die Austria, dass die Anlage in Maxglan ab dem Jahr 2024 nur mehr 600 Zuschauer fassen würde. Für eine etwaige Rückkehr in den Profifußball ein Riesenproblem. Überdies von den Bauplänen betroffen ist ein Kunstrasenplatz des Vereins. Ein drei Meter breiter Streifen des Platzes befindet sich auf Stiegl-Grund. Pocht die Privatbrauerei auf diese Fläche, verliert der Rasen – auf dem derzeit rund 170 violette Nachwuchskicker trainieren – seine Tauglichkeit für Wettbewerbsspiele.

Man sei der Privatbrauerei für die bisherige Kooperationsbereitschaft sehr dankbar, so Austria-Obmann Claus Salzmann im Gespräch mit dem SPIELER. „Es ist aber bekannt, dass die Firma Stiegl diesen Grund in der Zukunft bebauen möchte“, ist sich der Funktionär des Problems bewusst.

EIN NEUES STADION FÜR AUSTRIA SALZBURG?

Wo trägt die Austria ihre Heimspiele also in der Zukunft aus? „Fakt ist, dass es sich der Verein nicht leisten kann, ein eigenes Stadion zu bauen“, stellt der Obmann klar. Dennoch gibt es beim Regionalligisten entsprechende Planspiele. „Wir haben die Zusage einer Investorengruppe, 85 Prozent der Kosten für ein neues Stadion zu übernehmen, falls die Stadt Salzburg ein Grundstück bereitstellt und sich an 15 Prozent der Kosten beteiligt“. Bei diesem Modell spielt nach derzeitigem Stand jedoch die Stadt nicht mit.

Bleibt die Möglichkeit, sich in bestehende Infrastruktur einzumieten. Auch auf der aktuellen ASKÖ-Anlage in Maxglan ist der Verein nur zur Miete. Red Bull Salzburg trägt seine Heimspiele im EM-Stadion Wals-Siezenheim aus. Die 30.188 Sitzplätze fassende Arena, die sich nur unweit von der aktuellen Austria-Spielstätte befindet, kommt laut Salzmann für den Verein nicht in Frage. Das Stadion des ehemaligen Bundesligisten und nunmehrigen Ligarivalen SV Grödig aus dem Salzburger Umland ist hier schon interessanter. Die Bundesliga-taugliche Arena fasst derzeit 4.330 Zuschauer. Der Haken: „Wir müssten pro Heimspiel 10.000 Euro zahlen, das wäre mehr, als wir pro Spiel vermutlich einnehmen würden“, erklärt Salzmann.

EHRGEIZIGES ZIEL ZUM 90. GEBURTSTAG

Und das Thema Finanzen ist ein weiterer Punkt, den der aktuelle Vorstand derzeit abarbeitet. Dem Intermezzo 2015/16 in der 2. Liga folgte ein Insolvenzverfahren mitsamt Zwangsabstieg und Schulden. Salzmann übernahm als Obmann mit dem Ziel, die Finanzen des Vereins wieder in Ordnung zu bringen. „Uns, dem aktuellen Vorstand, ist es mittlerweile gelungen, einen Großteil der Schulden abzubauen.“ Externe Schulden gebe es keine mehr, Geld müsse lediglich noch an Vereins- und Vorstandsmitglieder zurückgezahlt werden.Das ehrgeizige Ziel des Obmanns trotz der Corona-Pandemie: „Ich möchte, dass der Verein zu seinem 90. Geburtstag im Jahr 2023 schuldenfrei ist.“ Sportlich hat sich der Verein nach dem erneuten Regionalliga-Aufstieg in der Saison 2018/19 in der zweiten Saison wieder etabliert. „Unser Ziel ist es, für die kommende Spielzeit in der Regionalliga Salzburg unter die Top 2 zu kommen“, gibt Salzmann die Marschroute vor. Trotz der sportlichen Ambitionen ist eine zeitnahe Rückkehr in den Profifußball nicht angedacht. „Solange wir nicht schuldenfrei sind, wird die Austria unter mir nicht um die Lizenz für die 2. Liga ansuchen“, stellt der Obmann klar. Das heißt nicht, dass der Regionalligist nicht mit einem Kräftemessen mit einem großen Namen im österreichischen Fußball kokettiert, wie Christian Schaider, Trainer und sportlicher Leiter in Personalunion, klarstellt: „Wenn wir ein Ticket im ÖFB-Cup ergattern, wartet ja möglicherweise ein Kracher-Los auf uns.“

GROSSER NAME IN DER REGIONALLIGA

Schaider ist mittlerweile seit gut drei Jahren bei jenem Verein, der sich als Nachfolger der „alten Austria“ – ihres Zeichens dreimaliger österreichischer Meister – versteht. Für den Deutschen ist die Austria „kein normaler Verein im Salzburger Unterhaus“. Vor allem dem violetten Anhang bescheinigt er „Profifußball-Qualität“. Das bewiesen die Supporter jüngst auch in Corona-Zeiten. „Zu Beginn der Saison 2020/21 waren wir der erste Amateurverein in Österreich, der wieder vor 850 Zuschauern spielen konnte“, erklärt Obmann Claus Salzmann stolz. Möglich gemacht hat das ein eigens ausgearbeitetes Präventionskonzept, das unter anderem auch das Tragen der Maske im Stadion vorgesehen hatte.

Den großen Namen der Austria im österreichischen Fußball spürt Coach Christian Schaider nahezu tagtäglich. „Der mediale Fokus ist bei uns ein ganz anderer als bei dem einen oder anderen Regionalligisten. Das bedeutet natürlich auch, dass der Druck ungleich höher ist.“

In der violetten Gegenwart heißen die Gegner eben nicht Rapid, Austria Wien oder Sturm Graz, sondern Kuchl, Seekirchen oder St. Johann im Pongau. „Für viele Vereine ist es daher das Spiel des Jahres gegen uns, der Gegner ist um ein paar Prozentpunkte noch einmal mehr motiviert“, erklärt Schaider. Festtagsstimmung also auch bei violetten Auswärtsspielen.

ZURÜCK IN DEN PROFIFUSSBALL

Die Fankultur und der große Name machen die Austria für Unterhaus-Kicker indes zu einer besonders attraktiven Adresse: „Wenn wir einen Spieler holen wollen und der Transfer auf der Kippe steht kann das Pendel schon einmal zu unseren Gunsten ausschlagen, weil wir die Austria sind“, weiß der Coach. Prominente Namen sucht man im Kader der Violetten derzeit aber vergebens, das bekannteste Gesicht ist Angreifer Marco Hödl, der zuvor eine Saison lang bei Zweitligist Austria Klagenfurt unter Vertrag stand und ehemaliger österreichischer Nachwuchsteamspieler ist.

Misst sich der Verein eines Tages mit dem großen Rivalen Red Bull in der Bundesliga? Schaider ist sich zumindest in einer Sache sicher: „Ich denke, dass die Austria alles dafür mitbringt, wieder den Sprung in die 2. Liga zu wagen. Vorausgesetzt die Stadionthematik lässt sich lösen und der finanzielle Rahmen passt.“ Dann könnte die Austria einen Gegenpol zu Bundesligist Red Bull Salzburg und dem Farmteam FC Liefering in der 2. Liga bilden. Davor muss die Austria aber die Fragen der Gegenwart lösen.

 

Text: Johannes Posani