Karriere

In der Coaching Zone

Der ehemalige Journalist Mario Lug hat vor vielen Jahren die Seiten gewechselt und arbeitet mit Sportlern erfolgreich an deren Medienarbeit. Im Interview plaudert er aus dem Nähkästchen.

Er startete seine Karriere bei Radio Wien, lernte sein Handwerk unter der Regie von Edi Finger jun. als Chef. Nach der Fußball-WM 1998 wechselte Mario Lug in die Sportredaktion von Ö3. Zehn Jahre später beendete er diese Tätigkeit mit der Fußball-Heim-EM 2008 und bildete sich weiter.

In den USA, in New York, absolvierte Lug ein Medienlehre-Studium, das ihm neue Perspektiven eröffnete. „50 Prozent war aus dem Blick des Journalisten, 50 Prozent aus der Sicht des Interviewten. Das hat mir neue, andere Zugänge gezeigt. 2009 gründete er seine Firma Mario-Lug-Media. Seither coacht er Athleten wie Trainer.

Wie schwer war es zu Beginn der „neuen“ Karriere, gleich Kunden zu finden?
Als Journalist hatte ich über die Jahre zum Glück einige Kontakte aufgebaut. Begonnen hat alles mit einem Medientraining bei der Wiener Austria, mit den jungen Dragovic, Junuzovic, Baumgartlinger. Die Burschen waren super, extrem wissbegierig, haben alles intensiv aufgenommen.

Das Resultat gibt dir Recht?
Nicht nur mir, sondern auch den Spielern. Der Kontakt ist aufrecht geblieben, ab und zu schreibt man sich.

Brauchen diese Spieler noch Tipps?
Nein, als Spieler sicher nicht mehr. Der nächste Schritt für sie wäre wohl der vom erfolgreichen Spieler in Richtung Management, Trainer oder Co-Trainer.

Was ist dir damals aufgefallen? Wo musstest du ansetzen?
Es geht um den Zugang, in Österreich und auch Deutschland ist er ganz anders als in England oder den USA. Bei uns wollen Spieler immer noch oft nur 90 Minuten kicken. Dabei werden sie auch dafür bezahlt, was sie abseits des Platzes bringen. Sie müssen mit den Medien zusammenarbeiten, weil viel Geld auch von den Medien kommt, siehe TV-Verträge. Und es wird die Chance der Selbstvermarktung nicht immer gesehen. Da sind andere Länder viel weiter, da wissen Sportler in jungen Jahren schon, worum es geht. In den USA werden sie im College schon ausgebildet, mit 15 und 16 Jahren sind sie teilweise schon Profis. Wenn sie mit 19 in die großen Ligen kommen, sind sie auch in medialer Hinsicht fertig entwickelt.

In Ländern wie Italien oder Spanien gibt es viele Sporttageszeitungen. Da ist man als Sportler den Umgang wohl gewohnt.
Absolut. Ich habe einst ein Praktikum bei AC Milan gemacht. In Milanello war damals nach fast jedem Training eine Mixed Zone, wo die Journalisten mit den Spielern reden konnten. In Spanien ist es ähnlich. Viele Journalisten arbeiten teilweise ausschließlich auf dem Trainingsgelände. Das ist eine ganz andere Kultur. Und von diesen Topstars kann man sich etwas abschauen, wenn man sieht, welchen Aufwand Zlatan Ibrahimovic beispielsweise betreibt. Das ist nicht alles spontan, was von ihm kommt. Das ist alles programmiert und gespeichert durch intensive Vorbereitung. Das versuche ich, anderen Sportlern weiterzugeben.

Wer ist international im Fußball ein perfektes Vorbild?
Begeistert hat mich Cristiano Ronaldo bei der EM 2008. Mit Portugal ist er unglücklich ausgeschieden, danach hat er sich eine Stunde lang in derMixed Zone präsentiert und jedem ein Interview gegeben. Auch danach habe ich das bei ihm immer wieder beobachten können. Er ist ein absoluter Profi.

Viele Vereine und Verbände haben mittlerweile eigene TV-Sender und produzieren ihr eigenes Programm. Wie siehst du diese Entwicklung? Als Gefahr für den Journalismus?
Ja schon. Weil alle nur diese Infos hergeben wollen, was sie in der Hand haben. Das eine ist die Eigenvermarktung, aber es geht weg vom freien Journalismus. Ein Zusammenspiel zwischen Medien und Spielern bzw. Vereinen muss ganz einfach funktionieren. Und das entfernt sich leider immer mehr, so wie sich der Fußball immer mehr von den Fans entfernt. Wenn sich der Fußball auch von den Journalisten distanziert, dann verliert er noch mehr die Fans. Medienarbeit der Vereine kann nicht den normalen Journalismus ersetzen.

Aber Corona befeuert wohl diese Entwicklung.
Corona ist die perfekte Ausrede für Vereine, um wenig bis gar nichts mehr nach außen zu tun. Das ist aber nicht Sinn der Sache und schade. Beide Seiten sollten doch von dem Doppelpass profitieren. Es gibt für einen Sportler generell keinen Grund, kein Interview zu geben. Auch nach einem 0:7 nicht, wie einst zwischen Salzburg und Rapid. Denn was passiert? Die Geschichte wird auf beiden Seiten größer als geplant, die Seiten werden so oder so gefüllt. Es ist besser, dass die Seiten mit meiner Stimme gefüllt werden als mit der Meinung von externen Experten. Wenn du nichts sagst, betreibst du nicht einmal Schadensbegrenzung.

Ein aktuelles Beispiel war zuletzt die Wiener Austria mit viel negativer Berichterstattung. Die Verantwortlichen wollten lange Zeitöffentlich nichts dazu sagen.
Ganz schlecht, weil dann die Geschichte nie zugeht. Wenn ich gar nicht spreche, wird trotzdem die Geschichte im Hintergrund weitergezogen, weil die Medien das tun müssen. Beim Verein muss in so einer Situation eine Person sprechen, die muss erreichbar sein. Dadurch braucht kein Medium etwas erfinden oder irgendwo anders etwas suchen. Gutes Krisenmanagement braucht klare Strukturen. Das betrifft nicht nur Sportvereine.

Welche Sportarten betreust du neben dem Fußball noch?
Ich bin zusätzlich im Schwimmen, Tennis, Ski nordisch und auch Ski alpin tätig.

Wo liegen die großen Unterschiede zum Fußball?
Der größte Unterschied liegt im Bereich der Sportart. Wenn ein Athlet einmal in vier Jahren bei Olympischen Spielen zum Beispiel im Blickpunkt steht, dann ist das ein ganz anderer Zugang als ein Fußballer, der jede Woche die Möglichkeit besitzt, sich zu präsentieren. Der eine würde gerne viel öfter etwas machen, der hätte am liebsten die Möglichkeit des Fußballers. Der Kicker wiederum denkt sich oft, dass einmal die Woche schon viel ist. Ich hatte einmal einen Spieler in einem Kurs, der meinte: Wenn ich an dem Wochenende nach dem Spiel rede, dann brauche ich die nächsten drei Wochen eh nichts mehr sagen. Diese Sichtweise ist für mich unverständlich. Das wäre nur dann eventuell akzeptabel, wenn in diesem Zeitraum kein Spiel stattfinden würde. Aber nicht einmal dann …

Lässt der Spieler dabei nicht auch eine Chance für sich selbst liegen?
Natürlich. Ich kann damit prominenter werden und anderen mit dieser Medienarbeit auch einen Job wegschnappen. Bei Transfers gibt es vielleicht einige Kandidaten, die sportlich auf einem Niveau sind. Worauf schaut dann der Verein noch? Wie kann man den Spieler nach außen präsentieren, habe ich mit diesem Spieler eine Vermarktungsmöglichkeit? Mit wenig Aufwand kann da der einzelne viel erreichen. Das versuche ich den Spielern schon mitzugeben.

Als Mannschaftssportler kann man sich wohl auch besser verstecken.
Natürlich, aber der Einzelsportler will ja eh, der ist anders gepolt. Weil er weiß, dass er Sponsoren benötigt für die Ausübung seines Berufs. Und Sponsoren bekommt man leichter, wenn man neben der guten Leistung auch medial aktiv ist.

Das trifft auf Dominic Thiem eher nicht zu, der genug gewonnen und verdient hat?
Das stimmt, aber die Medientermine werden auf der Tour von der ATP bei Turnieren ohnehin strikt organisiert. Tennisspieler, die sehr viel reisen, brauchen diese strikten Vorgaben bei den Turnieren. Apropos Tennis, da ist halt Roger Federer unglaublich.

Sportlich oder medial?
Beides. Was er macht, macht er perfekt. Und er gibt auch viele Exklusivinterviews. Kaum ein Turnier, wo er nicht Exklusives anbietet. Er kommt immer pünktlich, gleich ob er gewonnen oder verloren hat. Immer professionell. Die erste Frage beantwortet er auf Englisch, die zweite auf Französisch, die dritte Schwyzerdeutsch, die vierte auf Deutsch. Weil er in allen Sprachen in den Ländern gehört werden will, ohne Übersetzung oder Untertitel. Da wären die Menschen irritiert.

Wenn man bei seinem Management anfragt, erhält man dann als Journalist einen Interviewtermin?
Ja, dann wird man einen Termin bekommen, nicht morgen oder übermorgen, aber in absehbarer Zeit. Vielleicht müssen Sie dann auch zu einem Turnier fliegen. Aber eine Möglichkeit wird es geben.

Wie kommen beim Volk die allseits bekannten Phrasen der Sportler an?
Denn die Menschen sind diese Phrasen doch schon von den Politikern gewohnt. Umso mehr wollen sie das auch nicht hören. Das Wichtigste in der ganzen Schulung ist, dass die Person 100 Prozent authentisch ist. Daher muss ich immer den Typ berücksichtigen in der Arbeit. Wenn du nur ein wenig vom Authentischen einbüßt, dann musst du auf der anderen Seite so viel dazu gewinnen, um das auszugleichen. Man sollte authentisch bleiben, auch in der Sprache, und zusätzlich mit mehreren Tools arbeiten, die zu einem auch passen.

Der Skifahrer möge bitte in seinem Dialekt sprechen, der Fußballer wurde einst für sein Wienerisch ausgelacht. Hat sich das verändert?
Auf alle Fälle. Jede Art des Dialektes ist akzeptabel. Der Fußball hat generell in der Gesellschaft einen anderen Stellenwert erhalten, weil die weltweite Wichtigkeit der Sportart immer weiter gestiegen ist. Es gibt kaum noch ein Land, in dem Fußball nicht mehr Sportart Nummer 1 ist. Damit ist die Akzeptanz gestiegen.

Interview: Gernot Baumgartner

 

Zur Person

Mario Lug

Ausbildung: in den Bereichen „Medienlehre inklusive Interviewcoaching“, „Social Media“ und „Medienarbeit“ nach Vorbild USA

Tel.: +43 650 201 22 22

Mail: office@medientrainer.at

www.mariolug-media.at