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Der Unterhaus-Bomber

Mit unfassbaren 74 Saisontoren knackte Melih Kirim vom SV Lend einen alten Rekord im Salzburger Unterhaus. Im Gespräch mit dem Spielermagazin erzählt der 25-Jährige, wieso er sich nur bedingt über seinen Rekord freuen konnte, warum er dem SV Lend weiterhin die Treue hält – und welchen Stellenwert Fußball für ihn hat.

Der SV Lend war in der Vorsaison das offensivstärkste Team der 2. Klasse Süd/West, lediglich zwei Treffer fehlten am Ende, um die 100-ToreMarke zu knacken. Sagenhafte 74 Tore davon gingen auf das Konto eines einzigen Mannes: Melih Kirim, 25-jähriger Goalgetter in Diensten der Pinzgauer.

Er stellte damit einen zwanzigjährigen Rekord im Salzburger Unterhaus ein. Thomas Schnöll hatte in der Saison 1998/99 71-mal genetzt, Kirim überbot die Marke um drei Treffer. „Natürlich ist das etwas Besonderes für mich. Viele Leute haben mich mittlerweile darauf angesprochen. Jeder in der Gegend kennt die Geschichte“, erzählt der Angreifer, der als Installateur arbeitet.

Kirim schoss bereits im Herbst die Liga in Grund und Boden, stand nach 16 Runden bei 48 Treffern. „Damals hat mir aber noch niemand genau sagen können, welche Bestmarke es in Salzburg zu knacken gilt“, erinnert er sich. Erst im Frühjahr habe er aus den Medien erfahren, dass er 71 Treffer für den Rekord überbieten müsse. „Vielleicht war es ohnehin besser, dass ich erst später davon erfahren habe“, fügt Kirim hinzu.

Am 25. Spieltag Ende Mai war es dann soweit: Lends Torjäger trifft beim 6:2-Heimerfolg seines Teams über Zell am See 1b dreimal und pulverisiert damit den Rekord. Seine Freude darüber war jedoch gedämpft: „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits die Meisterschaft verspielt. Deswegen habe ich mich gar nicht so riesig gefreut.“ Lend beendete die Saison auf Rang drei. „Unser Ziel war die Meisterschaft und die haben wir verpasst. Meine Freude wäre größer gewesen, wenn wir Meister geworden wären“, erzählt der Angreifer.

Zwar blieb dem SV Lend der Titel in der Vorsaison verwehrt, Kirim erhielt für seinen Torrekord dennoch eine Auszeichnung. Der Stürmer wurde bei der BRUNO GALA zum besten Amateurfußballer Österreichs ausgezeichnet. Möglich gemacht haben das zahlreiche Freunde, Familienmitglieder und „Früher ist mir der Fußball schon abgegangen, wenn ich ein, zwei Tage in der Woche keinen Ball gesehen habe. Heute ist das anders.“ MELIH KIRIM Arbeitskollegen: „Sie alle haben für mich abgestimmt. Ich war wirklich überrascht, dass mich so viele Leute unterstützt haben“, betont Kirim.

„Früher ist mir der Fußball schon abgegangen, wenn ich ein, zwei Tage in der Woche keinen Ball gesehen habe. Heute ist das anders.“

Bei der Verleihung plauderte der Unterhaus-Goalgetter unter anderem mit internationalen Fußballgrößen wie Ex-Salzburg-Trainer Marco Rose. „Der Abend hat mich wirklich positiv überrascht. Ich habe erlebt, wie locker und normal all die Prominenten sind, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt“, erinnert sich der Preisträger zurück. Nach seiner Wahnsinnssaison blieb der Angreifer weiterhin dem SV Lend in der achten Leistungsstufe treu. Warum er nicht den Sprung zu einem höherklassigen Verein wagte? „Ich habe seit rund eineinhalb Jahren eine Tochter. Seitdem ist der Aufwand in Lend eigentlich das Maximum, das ich in Fußball investieren möchte“, erklärt Kirim. „Ich arbeite sehr viel und möchte daher so viel wie möglich meiner Freizeit mit der Familie verbringen.“

Fußball stehe für ihn nicht an erster Stelle. „Früher ist mir der Fußball schon abgegangen, wenn ich ein, zwei Tage in der Woche keinen Ball gesehen habe. Heute ist das anders. Wir sind jetzt in der Winterpause und bislang geht mir das Fußballspielen gar nicht ab“, gibt der 25-Jährige Einblick in sein Innenleben.

Eine höhere Liga würde er sich dennoch zutrauen. „Ich glaube schon, dass ich das Potential für die Landesliga habe. Dafür müsste ich mich aber voll reinhauen. Und dass ich dort dann sofort Stammkraft wäre und Tor um Tor schießen würde – das würde es auch nicht spielen“, gibt sich der Offensivmann ehrlich.

So liegt sein fußballerischer Fokus weiter voll beim SV Lend, mit dem er auf Rang zwei überwintert. „Wir haben zwischenzeitlich unnötig Punkte liegen lassen. Deswegen fehlen uns jetzt fünf Punkte auf Platz eins. Aber ich glaube, dass im Frühjahr noch alles möglich ist, wenn wir eine gute Mannschaftsleistung zeigen“, hat Kirim das erneute Ziel Meisterschaft und Aufstieg fest im Blick. Lends Torjäger hält derzeit bei 14 Saisontoren. Die Torjägerliste der Liga führt er auch heuer an. Wie ein echter Unterhaus-Bomber das eben tut.