Vereinigung der Fußballer

Alles neu, alles gut

Ab kommenden Sommer präsentiert sich Österreichs Spitzenfußball in neuem Gewand. Ist es der neue Chic oder doch nur Retro? Das neue Format ist zumindest eine große Hoffnung für die Zukunft, allerdings gilt es rechtzeitig ein paar Gefahren zu erkennen.

Alle, die im heimischen Fußball mitspielen und denen der Kick wirklich wichtig ist, begrüßen die Reform: die VdF, der ÖFB und die Bundesliga, die wiederum alle Profivereine repräsentiert. Die Basis scheint somit für eine vielversprechende Zukunft gelegt. Der VdF-Vorsitzende Gernot Zirngast streicht zunächst das Positive hervor: „Das Format ist gut. Wir sind überzeugt, dass es die beste Lösung ist. Es ist aktuell das richtige Format für Österreich, garantiert einen Auf- und Abstieg.“

Ähnlich sieht es ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer, er liefert auch gleich eine Begründung mit: „Die Reform ist deswegen notwendig, weil die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine reine Profiliga in der zweithöchsten Leistungsstufe in Österreich nicht vorhanden sind. Da dürfen wir uns nichts vormachen.“ Das hat man ohnehin lange genug getan, indem man die Erste Liga jahrelang als vermeintliche Profiliga verkaufte. Fälschlicherweise.

Christian Ebenbauer, Vorstand der Bundesliga, zieht sogar noch einen weiteren Sprint an und geht damit einen Schritt weiter: „Diese Reform ist nicht der letzte Schritt.“ Im Hinterkopf ist die Vorstellung einer 16er-Profiliga an der Spitze, darunter Amateurfußball. Zukunftsmusik.

Die Idee

Die Bundesliga wird mit zwölf, die Erste Liga, die künftig 2. Liga heißen wird, mit 16 Mannschaften gespielt. Die drei Regionalligen Ost, Mitte, West bleiben mit je 16 Mannschaften bestehen. Weil sich die Anzahl der Klubs in den beiden höchsten Spielklassen von 20 auf 28 erhöht, steigen acht Klubs aus den Regionalligen auf. In der Theorie sind dies jeweils die zwei Ersten sowie zwei Dritte.

Aber wie sieht die Praxis aus? Das Interesse der Klubs in der RL West ist enden wollend. Sollten nicht genügend Klubs aufsteigen wollen, soll das Kontingent von der Mitte und der Ost aufgefüllt werden. Ebenbauer ist sich sicher: „Ich bin überzeugt, dass wir mit 16 Klubs spielen werden“, meinte er in einer Talk-Runde auf SchauTV. „Es wollen genug Vereine aufsteigen, neun Klubs haben sich beworben“, ist Ebenbauer zuversichtlich.

Gernot Zirngast sieht vor allem die Landes-präsidenten in der Pflicht, „ihre“ Klubs jeweils aufzuklären und Stimmung für einen Aufstieg zu machen. „Der ÖFB muss da eine Klarstellung machen. Für mich sind die Präsidenten im Westen rücktrittsreif, wenn es keine Klubs gibt, die hinauf wollen in die neue 2. Liga. Dabei handelt es sich um ein Versäumnis.“ Es sei nahezu ein Wahnsinn, eine Reform zu machen und nicht rechtzeitig die Vereine zu fragen, ob sie überhaupt aufsteigen wollen. Thomas Hollerer möchte bei diesem Thema einiges richtigstellen aus Sicht des ÖFB: „Es hat von allen Seiten sehr viel Aufklärungs- und Unterstützungsarbeit gegeben. Dass der Westen mit rund 25 Prozent aller Vereine und den weiten Anreisewegen weniger Klubs in die 2. Liga bringen kann, ist ja nicht neu. Das hat jetzt nichts mit dem Ligenformat zu tun.“

Die Neuerungen

Bisher mussten in den Klubs der zweiten Leistungsstufe 20 Nichtamateure beschäftigt werden, künftig keiner. Neben einem Manager muss künftig jeder Klub nur noch über einen Trainer, Co-Trainer, Nachwuchsleiter und Physiotherapeuten verfügen. Die Vereine haben also die freie Wahl: Spielen wir mit Profis und/oder Halbprofis und/oder Amateuren? Klubs, die langfristig die Bundesliga ins Visier nehmen, können sich an die Lizenzierungsauflagen der Bundesliga herantasten.

Zirngast sprach schon vor einigen Jahren von einer Übergangsfrist von drei bis vier Jahren, in der sich ambitionierte Klubs entwickeln können, damit Österreich am Ende eine Liga mit 16 Profiklubs hat. „Ich glaube, dass Klubs langsam wachsen können mit dieser Regelung“, so Zirngast heute. Fazit: Klubs können, müssen aber nicht, wenn sie nicht wollen.

Ebenbauer blickt wieder in die Zukunft. „Wenn die Vereine so weit sind, ist es die Intention, die oberste Liga auf 14 oder 16 Klubs aufzustocken.“ Hollerer spricht den neuralgischen Punkt an: „Die 2. Liga wird eine Drehscheibe zwischen Profi- und Amateurfußball.“ Darin sieht er gleichermaßen Chance wie Herausforderung. „In ganz Europa ist diese Schnittstelle eine Herausforderung, teilweise sogar auch ein Problem. Das haben wir schon in einigen Ländern beobachten können.“

Die Infrastruktur

Die Vorgaben für Klubs der künftigen 2. Liga wurden teilweise sogar deutlich herunter geschraubt. „Das ist auch wirklich gut so“, befindet Zirngast. „Die Anforderungen sind jetzt etwas über dem Regionalliga-Niveau“, konstatiert Ebenbauer. „Daher glaube ich, dass die Reform funktionieren wird. Wir haben derzeit 14 taugliche Stadien in ganz Österreich. Es fehlen ganz einfach die Arenen, daher haben wir die oberste Liga auf zwölf Klubs limitiert.“ Ebenbauer spricht ein Problem konkret an: „Die Klubs wollen ins Fernsehen, wollen aber nicht in ein adäquates Flutlicht investieren. Das widerspricht sich.“ Hollerer wiederum glaubt an eine gute Basis: „Es ist gut, dass es nun keinen Zwang gibt, sich wirtschaftlich übernehmen zu müssen. Jeder Klub kann für sich eine Entscheidung treffen.“

Die Gefahren

Die lauern vor allem in der 2. Liga, von der noch niemand so recht weiß, in welche Richtung sie gehen wird. Fakt ist: Klubs mit Amateurspielern haben weit geringere finanzielle Belastungen als Klubs mit Profis. Diese müssen die Kampfmannschaft in eine Gesellschaft auslagern sowie den Profis den gesetzlichen Mindestlohn bezahlen.

Zirngast warnt vor zu wenig Transparenz, es darf bei der Differenzierung zwischen Profis und Amateuren kein Schindluder getrieben werden. „Die Klubs dürfen keine Geschäftsgebahrungen à la Regionalliga an den Tag legen. Wichtig ist die Trennung zwischen Vertragsspielern und Nicht-Vertragsspielern. Denn Amateure sind in der 2. Liga nicht verkaufbar. Die würden nämlich kein Fixum und keine Prämien erhalten, sondern nur eine Aufwandsentschädigung.“

Für den Erfolg der Reform wird entscheidend sein, ob die 2. Liga wirklich zu einer Drehscheibe werden kann. Falls nicht, hat man dieselben Probleme, die die Erste Liga jetzt schon mit 10 Klubs hat, dann eben mit 16 Vereinen. Und genau das wollte man mit der Reform genau genommen verhindern. Ebenbauer weiß: „Der Übergang zwischen Profi- und Amateurfußball ist extrem schwierig, daher hat diese Schnittstelle eine große Bedeutung.“

Interessant wird zu beobachten sein, wie sehr die 2. Liga im Bilde sein wird. Während der TV-Vertrag für die oberste Liga stets ein ganz zentraler Bestandteil für die Planung der Klubs ist, soll dieses Thema eine Liga darunter – laut Liga-Vorstand Reinhard Herovits auf www.90minuten.at – nicht so wichtig sein. Aussagen wie diese irritieren. Und zwar nicht, weil mit der TV-Verwertung der zweiten Liga der große Geldregen kommen wird. Vielmehr geht es darum, dass ein Signal ausgesendet wurde. TV-Übertragungen sind für jene Klubs, die das Abenteuer 2. Liga wagen und nicht im Regionalliga-Kick verweilen wollen, von zentraler Bedeutung. Im Sommer wird sich zeigen, wie ausgereift die Reform ist, welche Räder ineinander greifen, welche noch nicht. Auf alle Fälle sollte man der Reform eine Chance und ausreichend Zeit geben, damit sich umsetzen lässt, was man sich vorgenommen hat. Zirngast kann daher einige Klubs vor Anpfiff des neuen Formats nicht verstehen: „Bei manchen gibt es jetzt schon eine Ablehnung gegen die Reform, bevor sie überhaupt in Kraft tritt.“ Eine Chance hat sie sich allemal verdient.