Karriere

„Ich hab‘ es gern gemacht!“

Sonja Spieler. Der Name quasi Programm. Bereits im Alter von zarten neun Jahren nahm eine Laufbahn, die eine Karriere werden sollte, beim SC Hohenweiler 72 in Vorarlberg ihren Anfang. Aus Mangel an Alternativen wandte sie sich dem Fußball zu. Und schrieb Geschichte. Eine Geschichte, die sich auch nach ihrem Karriereende noch um den geliebten Sport dreht.

Hättest du dir jemals gedacht, dass deine Karriere so verlaufen wird?

Sonja Spieler: Nein, ehrlich gesagt nicht. Es gab keinen Karriereplan, ich hab’ es gern gemacht, weil ich mich sportlich und in meiner Persönlichkeit weiterentwickeln wollte. Ich habe meine Chance gekriegt – dank toller Unterstützung von allen Seiten und durch sehr hohen Aufwand. Fußball war mein Lebenselixier!

Gab es zu deiner Zeit Barrieren als Fußballerin?

Sonja Spieler: Nicht wirklich. Abgesehen davon, dass es als Nationalspielerin, die in der Deutschen Bundesliga spielt, im Gegensatz zu heute nicht möglich war, davon den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Heutzutage ist es wiederum schwieriger da oben zu landen, Leistungsniveau und Konkurrenzkampf sind deutlich größer als zu meiner Zeit.

Schwingt etwas Wehmut mit, wenn man bedenkt, zehn Jahre später hätte man in finanzieller und infrastruktureller Hinsicht in einem ganz anderen Rahmen spielen können?

Sonja Spieler: Ich bin einfach stolz, dass ich zu meiner Zeit einen Teil zur Entwicklung des Frauenfußballs beitragen durfte. Man kann sich nicht aussuchen, wann man geboren wird. Ich bin absolut nicht wehmütig, sondern froh um jeden Tag und jedes Spiel, weil es unheimlich viel Spaß gemacht hat. Ich schaue aber jetzt gespannt, wo die Reise des Frauenfußballs hingeht. Mit der Qualifikation der Frauen haben wir in Österreich einen Meilenstein erreicht.

Was war damals dein Antrieb, so viel Zeit und Kraft in den Fußball zu investieren?

Sonja Spieler: Sport bzw. Fußball ist definitiv eine Lebensschule. Sich in ungewohnter Umgebung zurechtzufinden, sich Herausforderungen zu stellen, sich als Persönlichkeit weiterzuentwickeln und sich mit den Besten der Besten zu messen – das waren für mich ganz spannende Aspekte. Ich bin in der glücklichen Lage, in meiner Tätigkeit Kindern diesen Spaß und diese Freude weitergeben zu dürfen.

Wäre es damals aus finanzieller Sicht möglich gewesen, sich voll auf Fußball zu konzentrieren?

Sonja Spieler: Nein, das wäre sich wohl nicht ausgegangen. 95% der Mannschaft haben in Wohngemeinschaften gelebt. München ist bekanntlich nicht das günstigste Pflaster. Sonst wäre sich das mit der Aufwandsentschädigung nicht ausgegangen. Jeder Regionalligaspieler hat damals wahrscheinlich mehr verdient als wir. Für mich war es während meiner Karriere immer wichtig, nie ganz aus dem Berufsleben auszuscheiden, also immer ein Backup zu haben, sollte ich mich einmal verletzen. Schließlich wollte ich nicht mit leeren Händen dastehen und mir auch im Ernstfall meinen Lebensunterhalt verdienen können.

Wie sieht deine heutige Tätigkeit aus?

Sonja Spieler: Durch eine glückliche Fügung bin ich seit 2001 im Sportreferat der Vorarlberger Landesregierung tätig. Dort habe ich zwei Hauptaufgaben: die Sportförderung, speziell Fachverbandsförderung und zudem das Programmmanagement für die Landesinitiative „Vorarlberg bewegt“. Bei den Veranstaltungen geht es uns darum, VorarlbergerInnen vereinsungebunden zur Bewegung zu motivieren. Neben meiner Arbeit bin ich Beirätin bei meinem Ex-Verein, dem SC Hohenweiler 72 und helfe in der Öffentlichkeitsarbeit, bei Nachwuchs-Veranstaltungen, steh’ im Kiosk und verkaufe Getränke. Mir gefällt es, wenn die Leute am Sportplatz zusammenkommen und eine Gemeinschaft bilden, in der man sich wohlfühlen kann. Ich hoffe, dass das Vereinswesen noch lange so besteht. Für viele ist es ein Stück Heimat und Familie, auch für mich.

Wie hast du den Balanceakt zwischen Berufsleben und Fußball bei den Bayern geschafft? Die Trainingsintensität und der Aufwand sind über die Jahre bei deinem zweiten Engagement 2006 dementsprechend gestiegen…

Sonja Spieler: Vordergründig war es meine Intention, mich auf Fußball konzentrieren zu können, weshalb ich von Bregenz nach München übersiedelt bin. Die berufliche Tätigkeit war zweitrangig, die Arbeit sollte natürlich trotzdem Spaß machen. Ich habe anfangs in einem kroatischen Familienbetrieb, einem Busunternehmen mitgearbeitet, nach einem Jahr aber erkannt, dass ich nicht bleiben möchte. Daraufhin habe ich eine Stelle bei der Münchner Sportjugend in der Buchhaltung eingenommen. Die Teilzeitarbeit war für die Trainingsumfänge bei den Bayern ideal, nachdem mittlerweile sechs bis acht Trainingseinheiten am Programm standen. Körperlich war es trotzdem grenzwertig.

Was waren deine Höhepunkte im Sportlerinnen- und Berufsleben?

Sonja Spieler: Wenn du gegen England spielst, dein Land vertreten kannst und die Kapitänsschleife trägst, wird dir schon eine große Ehre zuteil. Beruflich sind es jene Veranstaltungen der Landesinitiative „Vorarlberg bewegt“, wo ich sehe, dass Kinder mit Begeisterung dabei sind und ich merke, dass es sinnstiftend ist, was ich organisiere. Und da gibt’s Gott sei Dank im Sportreferat viele solcher Momente.

Apropos Kapitänin des Nationalteams. Was macht eine gute Führungsperson am Feld und im Beruf aus?

Sonja Spieler: Neben fachlicher Kompetenz, Empathie, Ruhe, sozialer Kompetenz, gehört auch ein Stück weit Mut dazu. Und man muss natürlich vertrauenswürdig und präsent sein.

Vielen Dank für das Interview!

 

Sonja Spieler wurde am 27. Mai 1978 in Bregenz geboren. Die 39-Jährige wohnt mit ihrer Partnerin in Tettnang am Bodensee.

Mit 62 Einsätzen war Spieler lange Zeit Rekordnationalspielerin des ÖFB-Teams, erzielte im Teamtrikot elf Treffer und führte die Mannschaft als Kapitänin aufs Feld. Mit den Bayern gewann sie den Bundesliga-Cup 2011, mit Tettnang wurde Spieler 1997 Verbandsligameister und darf sich zweifache Pokalsiegerin des Württembergischen Fußballverbands nennen. In der Österreichischen Bundesliga wurde die Bregenzerin zweimal Vizemeister.

Seit 2001 ist Sonja Spieler – mit zweijähriger Unterbrechung – beim Sportreferat des Landes Vorarlberg tätig und engagiert sich ehrenamtlich für den Verein „Netz für Kinder“.