Vereinigung der Fußballer

Nationalstadion oder nationaler Sportkomplex?

Schon seit vielen Jahren, speziell aber im Zuge der letzten, erfolgreichen Qualifikation des Männer-Fußball-Nationalteams für die EM 2016 in Frankreich, wurden vielfach Stimmen laut, die ein neues, modernes Fußball-Nationalstadion in Österreich forderten.

Das Bild: 70.000 Zuschauer, Publikumsränge bis zum Spielfeldrand, große Business-Bereiche, großes Medienzentrum – so jubeln wir Alaba, Arnautovic und Co. bei den künftigen Erfolgen des Teams zu.

Natürlich sagen da die Fußball-Anhänger in Österreich, zu denen ich genauso gehöre: na klar, bitte sofort machen. Tatsächlich würde unserem Land – immerhin eines der reichsten Länder in der EU – ein funkelnagelneues Stadion gut tun. Über die Bedeutung für das Image des Fußballsports und die Wertschöpfung, die daraus entsteht, braucht man auch nicht lange zu diskutieren. Und wäre das Fußball-Team bei der EM 2016 ins Viertel- oder gar Halbfinale gekommen (was angesichts der Sensationen von kleineren Nationen wie Dänemark 1992, Griechenland 2004 oder Portugal 2016 gar nicht unwahrscheinlich gewesen wäre), würde man heute aus Stolz über diesen Fußballerfolg möglicherweise schon in den Planungen für eine geschätzte 300-500 Mio. Euro teure Fußball-Arena sein.

Doch hier möchte ich einhaken: klar, Österreich bräuchte ein modernes Nationalstadion für Fußball. Österreich braucht aber ebenso und auch dringend eine zeitgemäße Hallen-Infrastruktur für andere Sportarten. Daher denke ich, dass wir nicht ein reines Fußball-Nationalstadion, sondern eine „Nationale Sportarena“ brauchen, in der ein Stadion und eine angeschlossene Hallen-

Arena integriert sind. Zusammen wären die Kosten bedeutend geringer als wenn getrennt geplant und gebaut würde.

Ein reines Fußballstadion wird pro Jahr wahrscheinlich nur für einige Spiele der Nationalmannschaft genutzt, dazu kommen eher mehr Kulturevents. Der Nutzen für den Sport ist somit tendenziell gering. Ein Hallenkomplex könnte Welt- und Europameisterschaften, Europacups oder Länderkämpfe für Handball, Volleyball, Basketball, Eishockey, Hockey, Leichtathletik, Turnen oder Gymnastik sowie Trainingsplätze en masse unterbringen. Im Stadion könnte zudem auch Football gespielt werden. Zusammen wäre der Effekt für den Sport allgemein ein wesentlich höherer und die Identifikation der heimischen Sport-Fans zu mehreren Sportarten an einem Standort ungleich größer.

Es ist also nicht so, dass Österreich bzw. der ÖFB derzeit nur keine Europameisterschafts- oder Champions-League-Endspiele im Fußball organisieren könnte, sollte das Ernst-Happel-Stadion im Wiener Prater nicht renoviert oder neu gebaut werden. Österreich hat derzeit auch keine reine und auf bis zu 15.000 Plätze erweiterbare Halle. Diese Kapazitäten sind mittlerweile in vielen Sportarten aber Voraussetzung.

Es ist keine Frage, ÖFB-Präsident Leo Wintner und vielen Fußball-Fans zuzustimmen, die fordern: ein neues Stadion muss her. Aber im Sinne des gesamten Spitzensports hierzulande muss man laut rufen: wenn, dann macht doch bitte gleich eine „Nationale Sportarena“ für mehr! Eine erfolgreiche Fußball-Nationalmannschaft wäre sicher eine Trägerrakete dafür, daher wünsche ich dem ÖFB weiterhin alles Gute und viel Erfolg.