Vereinigung der Fußballer

Die Rufe wurden erhört

Was die VdF schon 2009 in ihren veröffentlichten 23 Thesen gefordert hatte, wurde von der Bundesliga und dem ÖFB nun endlich in der Ligareform umgesetzt. Ab der Saison 2018/19 wird in Österreich in einem neuen Format Fußball gespielt. Die Fußballergewerkschaft spricht dabei von einer guten Lösung, denn mit diesem Format soll der nächste Schritt in die Zukunft des modernen Fußballs gelingen.

Es war der April 2009. Was Luther vor Jahrhunderten konnte, das kann die VdF schon lange. Thesen aufstellen, wenngleich es „nur“ 23 waren und nur für den heimische  Fußball. Aber man bewies durchaus Weitblick, denn nicht weniger als fünf dieser Thesen besagten schon damals, was heute mit der Reform umgesetzt wird:

Österreich hat keinen Platz für 20 Profiklubs. Künftig besteht die Profiliga aus 12 Klubs.

Keine Amateure in der höchsten Spielklasse. Künftig sind Amateure maximal in der 2. Leistungsstufe (mit 16 Vereinen) erlaubt.

Konzentration auf eine voll professionelle tipico-Bundesliga. Das wird künftig das Credo sein.

Klare Abgrenzung von Vertrags- und Amateurspielern. Künftig wird dies im Kollektivvertrag noch exakter als bisher definiert werden.

Pseudoprofessionalismus in der 2. Leistungsstufe muss unterbunden werden. Künftig wird die Reform auch daran genau gemessen.

VdF-Vorsitzender Gernot Zirngast ist jedenfalls erfreut: „Wir haben schon vor vielen Jahren auf die Notwendigkeit einer

Reform hingewiesen. Die Frage ist, warum das alles nicht früher umgesetzt wurde – auch wenn natürlich verständlich ist, dass die Liga von Beschlüssen ihrer Mitglieder abhängig ist. Wichtig ist jedoch, dass es nun endlich geklappt hat. Ich sehe darin eine gute Lösung.“

DAS IST DIE REFORM

Die Bundesliga wird ab der Saison 2018/19 mit zwölf Klubs gespielt, die semiprofessionelle 2. Liga mit 16 Vereinen. Die Bundesliga wird auch in einem komplett neuen Modus mit Grunddurchgang, Finaldurchgang und Europa-League-Play-off sowie einer Punkteteilung nach dem Grunddurchgang gespielt. Der neue Modus bringt tiefgreifende Änderungen im Oberhaus, die Meisterschaftsentscheidungen erfolgen in drei Phasen. Zunächst wird Grunddurchgang mit allen zwölf Klubs gespielt (22 Runden, jeder spielt gegen jeden). Danach kommt ein zweigeteilter Finaldurchgang mit einer Meistergruppe (Top 6) und eine Qualifikationsgruppe (Plätze 7 bis 12), in der innerhalb der Gruppe jeder gegen jeden spielt (zehn Runden). Die Punkte aus dem Grunddurchgang werden halbiert und bei ungeraden Zahlen abgerundet. Der Sieger der Meistergruppe spielt in der Champions-League-Qualifikation, der Tabellenzweite spielt als Vize-Meister ebenso fix im Europacup wie der ÖFB-Cupsieger. Falls Österreich fünf Europacup-Startplätze bekommt, gibt es auch für den Tabellendritten fix einen internationalen Startplatz. Um den vierten bzw. fünften Europacup- Startplatz gibt es im Mai innerhalb einer Woche ein Europa-League- Play-off: Bei vier Startplätzen spielt der Sieger der Qualifikationsgruppe in einem Heimspiel gegen den Vierten der Meistergruppe, der Sieger dieses Duells trifft in zwei Spielen auf den Dritten der Meistergruppe. Bei fünf Startplätzen spielt der Sieger der Qualifikationsgruppe in einem Heimspiel gegen den Fünften der Meistergruppe, der Sieger dieses Duells trifft in zwei Spielen auf den Vierten der Meistergruppe. Das Cupfinale findet definitiv vor den Playoff-Spielen statt.

KEINE GRAUZONEN MEHR

Der Schlüssel zum Erfolg oder Misserfolg wird die 2. Liga sein, wie auch ÖFB-Präsident Leo Windtner unumwunden zugibt. „Die Mischform zwischen Profis und Amateuren wird zur Nagelrobe des Systems. Wir müssen diese Liga dermaßen gestalten, dass sie auch überleben kann.“ Gewährt man wieder Grauzonen, dann hat man dasselbe Problem wie bisher mit zehn, dann aber mit 16 Klubs. Konkurse wären somit vorprogrammiert, inklusive Wettbewerbs-Verzerrung und Imageschaden. Manche halten die Lösung für schlecht, auch wenn es eine Augenauswischerei ist, die jetzige Sky Go Erste Liga als Profiliga zu titulieren, wenn Spieler 1200 Euro brutto verdienen und keine Chance haben, mit einem Nebenjob für das nötige Zusatzeinkommen zu sorgen, weil sie bis zu zwei Spiele unter der Woche absolvieren müssen. Lediglich ein Fernstudium kam bisher als zweiter Ausbildungsweg in Betracht. Kapfenberg-Präsident Erwin Fuchs meint: „Die Erste Liga ist als Profiliga quasi aufgelöst.“ Richtig. Und auch gut so. Fuchs fürchtet ums Geld, um sein Geld. „Es gibt keine strukturierten Einnahmen mehr, die TV-Einnahmen sind nicht geklärt, da wird vielleicht nichts kommen.“ Die Verhandlungen zum neuen TV-Vertrag beginnen im Frühjahr, die bisherigen Partner Sky und ORF geben sich noch bedeckt bezüglich ihrer Angebote und auch Forderungen. Höchstwahrscheinlich wird die 2. Liga nicht mehr so umfangreich wie bisher im Bilde sein, allein schon der Tatsache wegen, dass nur noch am Wochenende gespielt wird und dort die Konkurrenz der anderen Ligen wesentlich höher wird. Fuchs geht weiter: „Was wir mühsam aufgebaut haben, den Unterbau, hat man mit einem Schlag zerstört. Dann spiele ich gleich in der Regionalliga und fahre drei Bundesländer ab.“ So wie es Christian Haas mit Grödig machte. Von der Bundesliga abgestiegen, ging man gleich in die Regionalliga und nimmt mit der Reform wieder die 2. Leistungsstufe ins Visier. Auch Hubert Nagel, Präsident von Austria Lustenau, findet an der Reform keinen Gefallen, wie er auf Servus TV beim „Sport und Talk“ unterstrich: „Das ist die erste Reform, bei der ich weiß, dass es keinen Sieger geben wird. Entweder geht es für uns nach oben oder nach unten in die Regionalliga. Die Liga dazwischen kann sich keiner leisten.“

ENTWEDER ODER

Mit der Reform möchte man Klubs wie Kapfenberg oder Lustenau auch sanft dazu zwingen, Farbe zu bekennen und sich zu entscheiden. Markus Kraetschmer, AG-Vorstand der Austria und auch in den Gremien der Bundesliga und des ÖFB präsent, sieht darin einen Vorteil: „Wir geben jedem Klub die Chance aufzusteigen. Zudem können Amateur-Mannschaften in der 2. Liga spielen, was für die Ausbildung der Talente wichtig ist. Und dann gibt es noch jene, die sich dann frei entscheiden können, ob sie rauf wollen und können oder nicht.“ Noch ist nicht restlos geklärt, wie der Rahmen für die 2. Liga aussehen soll. Der ist aber dringend nötig, um Klarheit zu schaffen und diffuses Verhalten diverser Funktionäre zu unterbinden. Und vor allem Schwarzgeld-Zahlungen. „Wir wollen das in einem neuen Kollektivvertrag klären“, so Gernot Zirngast. Ein Vertrag, der klar definieren soll, wie der Spieler angemeldet wird. Als Vollzeit- oder Teilzeit-Profi. Einen reinen Amateur wird es in der zweiten Bundesliga nicht geben können. Sportjurist Christian Flick sieht darin die große Gefahr. „Eine generelle Trennung zwischen Profis und Amateuren ist nötig, da ist auch der Gesetzgeber gefordert. Ein Amateur betreibt ein Hobby, da gibt es maximal eine Aufwandsentschädigung. Die Kollektivvertrags-Mindestmaße sind der Einstieg ins Profigeschäft.“ Flick lehnt eine „Mischform“ für diese Liga ab. Zirngast kann dagegen durchaus damit leben, „wenn eben der rechtliche Rahmen eingehalten wird. Deswegen sind die Kollektivvertragsverhandlungen so wichtig.“ Flick dazu weiter: „Von Halb-Amateuren halte ich nichts. Dennoch ist die Reform eine historische Chance für den österreichischen Fußball. Nur bei der 2. Liga tendiere ich zu einem Entweder-Oder.“ Für Liga-Vorstand Christian Ebenbauer ist weniger wichtig, in welcher Liga Profis oder Amateure spielen. „Entscheidend ist vielmehr, wie sie bei ihren Klubs angemeldet sind.“ Ebenbauer nimmt aber auch die dritte Leistungsstufe ins Visier. „Die wird der springende Punkt sein. Die Bundesliga fordert schon seit längerer Zeit eine strengere Lizenzierung für diese Ligen.“

POSITIVE REAKTIONEN

In den Reaktionen überwiegt jedenfalls das Positive. Kraetschmer freut sich auf das neue Format: „Es wird extrem spannend, vor allem das Frühjahr durch die Punkteteilung. Jede Runde wird es Schlagerspiele geben. Die Reform wurde auch für die Fans kreiert. Wir hoffen, dass so mehr Zuschauer in die Stadien kommen und mehr Fans vor den Fernsehern sitzen.“ Der Austria-Manager verweist auf die Triangel Sport – Wirtschaft – Infrastruktur. Flick ortet in erster Linie finanzielle Motive für die Veränderung. „Sportlich wird sich, so fürchte ich, nicht viel ändern. Ich denke nicht, dass sich das Niveau heben wird.“ Liga-Präsident Hans Rinner widerspricht dem. „Diese Beschlüsse sollen uns von der Infrastruktur her, aber vor allem sportlich in die Zukunft führen.“ Rinner dachte bei der Präsentation vor Medien schon weiter. „Die Reform hört mit diesen Beschlüssen nicht auf. Vielmehr sehe ich sie als Startschuss für eine mittel- und langfristige Entwicklung, an deren Ende ein Format stehen soll, das für maximal 50 Mannschaften oberhalb der Landesligen gültig sein soll.“ Rinner denkt da konkret an eine Profiliga mit 16 Klubs, darunter zwei Regionalligen mit ebenfalls jeweils 16 Vereinen. Zukunftsmusik, die derzeit noch unrealistisch scheint, da man dazu noch Vereine finden muss, die das besagte Triangel für einen Profi-Fußball mitbringen. Doch die aktuell beschlossene Reform könnte, sofern sie greift, nur ein Übergangsmodell zu einer 16er-Liga sein.