Amateure

Vier Amateure für ein Profi-Halleluja

Einen „Leitfaden zum Profifußballer“ gibt es nicht – viele Talente scheitern und müssen ihren Traum aufgeben. Wir haben uns den Weg von vier jungen Kicker angesehen, die den Sprung vom Amateur zum Profi geschafft haben.

Profifußball ist ein Geschäft, kein Zuckerschlecken. Aber ein Geschäft, das Millionen von Fußballfans auf der ganzen Welt besondere Momente beschert. Nur ein Bruchteil jener, die den Traum hegen, einmal im fußballerischen Oberhaus zu landen, schafft es wirklich. Dieser Bruchteil impliziert ausschließlich jene Kinder und Jugendlichen, die diesen Versuch dank der familiären Unterstützung und den ausbildungsspezifischen Gegebenheiten, beispielsweise der Absolvierung einer Fußballakademie, auch antreten können. Ein Patentrezept, ein „Do-it-yourself“-YouTube-Tutorial oder einen „Leitfaden zum Profifußballer“ gibt es nicht. Talent allein – zu wenig. Der Besuch einer Fußball-

akademie – keine Garantie für die spätere Karriere. Dabei gibt es noch diese schier unfassbaren Fußballmärchen wie jenes von Leicester City-Stürmer Jamie Vardy. Die Laufbahn von Christian Fuchs’ Spielerkollegen liest sich wie das Drehbuch zu einem Film. Als 20-Jähriger spielt Vardy noch in der achten englischen Spielklasse. Eine Fußfessel, drei Vereinswechsel und ebensoviele Aufstiege später landet der Stürmer bei Leicester City und neuerlich gelingt der Aufstieg. Diesmal geht es in die Premier League, wo u.a. die großen Mannschaften aus London und Manchester auf den ehemaligen Amateurkicker warten. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Weniger bekannt, aber ebenfalls aus dem Amateurbereich im Profifußball gelandet sind auch Lorenz Grabovac, Christoph Monschein, Philipp Offenthaler und Fabian Schubert. Vier talentierte Fußballer mit unterschiedlichen Laufbahnen, die ihren Knotenpunkt im Profifußball finden.

SC Zwettl verleiht Flügel

„Umso weniger Talent du hast, umso mehr Ehrgeiz und Bereitschaft musst du zeigen, um erfolgreich zu werden. Der größte Fehler, den du machen kannst, ist zu glauben, dass reines Talent völlig ausreicht“, weiß der seit kurzem 19-jährige Lorenz Grabovac, der seit einem Jahr für den FC Liefering aufläuft. Dazu braucht es neben dem Quäntchen Glück unter anderem eiserne Disziplin, Ausdauer, mentale Stärke und Verzicht. „Wenn man seinen Traum leben will, muss man einige Dinge opfern“, so Grabovac, der an der Aufnahmeprüfung für die Akademie in St. Pölten noch scheitern sollte, um dann beim FC Liefering zu landen. Vor wenigen Wochen gelang dem Mittelfeldspieler ein sehenswerter Testspiel-Treffer für die Salzburger. Aus knapp 30 Metern Entfernung gegen Ajax Amsterdam. Dabei sollte man sich in Erinnerung rufen, dass Lorenz Grabovac seine Fußballschuhe vor einem Jahr noch beim SC Zwettl in der niederösterreichischen Landesliga schnürte und für die Matura lernte. Ein Blick auf seinen Stammbaum genügt, um die Phrase „Ihm wurde das Talent in die Wiege gelegt“ zu bedienen. Sein Vater, Damir Grabovac, ist ihm vorerst noch gut 190 Bundesliga-Minuten voraus, die er damals für den FC Tirol Innsbruck absolvierte. Heute ist er trotz seiner 46 Jahre als Spielertrainer aktiv. Eine Liebe, die nicht vergeht. Der um drei Jahre ältere Bruder des Liefering-Kickers, Valentin Grabovac, hält derweilen weiterhin beim SC Zwettl die Stellung, während sein Bruder das Ziel verfolgt, sich als Stammspieler beim FC Liefering in der Erste Liga zu etablieren. Mittelfristig hat der Jugendnationalteamspieler den Aufstieg in den Profikader des FC Red Bull Salzburg vor Augen. „Dazu muss ich immer 100%ig fokussiert sein, egal in welcher Situation.“ 

Wacker ins Ausland

Keine Autostunde von Salzburg entfernt liegt das deutsche Burghausen. „Ehrlich gesagt gab es nie einen richtigen Plan B, ich hatte immer das Ziel Profifußballer zu werden“, so die Devise vom aus Amstetten in Niederösterreich stammenden Philipp Offenthaler. Der 18-Jährige absolvierte das AFW (Ausbildungszentrum Fußball – Wirtschaft) in Waidhofen an der Ybbs. Das von Austria Wien-Vizepräsident Raimund Harreither ins Leben gerufene Projekt verbindet die sportliche mit der wirtschaftlichen Ausbildung in Zusammenarbeit mit der örtlichen HTL. Über das AFW wechselte der Mostviertler zum SCU Ardagger in die 1. NÖ Landesliga, wo er trotz seiner Jugend rasch zur Fixgröße reifte.  Sein Werdegang erreichte nun mit dem Wechsel in die deutsche Regionalliga zu Wacker Burghausen seinen vorübergehenden Höhepunkt. Für sein Umfeld, das ihm eine höchstprofessionelle Einstellung attestiert, kam dieser Schritt nicht überraschend. Mutig ist der Sprung ins Ausland allemal. In Zeiten, in denen man fern der Familie und des gewohnten Umfelds dauerndem Konkurrenzkampf ausgesetzt ist und dem eigenen Anspruch gerecht werden will, baut Philipp Offenthaler auf seinen Rückhalt. „Meine Familie und meine Freunde stehen immer hinter mir und unterstützen mich in allem was ich mache.“

Von der Kärntner Liga zu den Wikingern

Der 1,94 Meter große Fabian Schubert erzielte in der höchsten Landesklasse Kärntens stattliche 56 Treffer in 105 Spielen für den VST Völkermarkt. Das blieb auch den Scouts der SV Ried nicht verborgen, die ihn zum Testgalopp luden. „Die Entscheidung, dass ich es wirklich mache, fiel erst nach dem Probetraining“, verrät der 21-Jährige. Trotz eines neuen Vertrags und elf Bundesliga-Einsätzen, in denen er zweimal traf, weiß Schubert, dass das Glück oft ein Vogerl ist. Er sei deshalb froh, die HAK-Matura in der Tasche zu haben, „schließlich weiß man nie wie lange man im Profigeschäft ist.“ Schubert weiter: „Ich genieße jeden einzelnen Tag den ich als Profifußballer erleben darf. Zuviel Druck und Ehrgeiz können sich sehr schnell negativ auswirken. Natürlich ist ein gewisser Anspruch da, aber das ist in jedem Beruf so.“ Auf seinen ersten Erfolgserlebnissen will sich der Kärntner nicht ausruhen. Schließlich wurde ihm angesichts der häufigen Trainerwechsel bei der SV Ried bewusst, „wie schnell es im Fußball gehen kann.“ Relativ schnell beantwortet Fabian Schubert auch die Frage nach seinem bisher schönstem Moment als Profi: „Das war definitiv mein erstes Tor im Spiel gegen Red Bull Salzburg. Natürlich wäre es mir lieber gewesen, wenn wir nicht 1:4 verloren hätten, aber das erste Bundesligator bleibt einem immer in Erinnerung.“

Mit Herzblut zur Admira

Das erste Bundesligator hat auch Christoph Monschein auf dem Konto. „Als Kind war es immer mein Traum Fußballprofi zu werden, aber im Laufe der Zeit war es nicht mehr realistisch und ich hatte eigentlich schon damit abgeschlossen“, offenbart der Stürmer, der den mitunter spektakulärsten Aufstieg hingelegt hat. Vor zwei Jahren ging der Stürmer noch in der niederösterreichischen 2. Landesliga Ost für den SC Brunn am Gebirge auf Torjagd und jubelte dort über die Torjägerkrone. Nach seinem Sprung zum ASK Ebreichsdorf, wo er zum „Regionalliga-Aubameyang“ avancierte, ging es steil bergauf. Landesliga-Titel, Aufstieg in die Regionalliga, Angebote von zahlreichen Bundesliga-Klubs. „Als dann im September 2015 das Angebot von der Admira kam, hatte ich ein sehr gutes Gefühl und ich wusste, dass ich es probieren möchte.“ Ohne Fußballakademie als Fundament wagte er den Sprung ins Profigeschäft. „Natürlich hatte ich nie die taktische Ausbildung, die man in einer Akademie genießt. Aber in Wirklichkeit dauert es nicht lange um das nachzuholen“, hat sich Monschein mit zwei Treffern in elf Meisterschaftsspielen gut im heimischen Oberhaus zurechtgefunden und zuletzt sogar mehrfach in der Qualifikation zur Europa League mitgewirkt. „Als Profi träumt man natürlich immer davon, einmal im Ausland zu spielen“, spricht der angesichts des allgegenwärtigen Jugendwahns spätberufene 23-jährige Admiraner über Dinge, die innerhalb eines halben Jahres alles andere als gänzlich unrealistisch erscheinen.

Keine Zeit für Plan B

Der Beruf des Profifußballers stellte das Leben des ein oder anderen gehörig auf den Kopf. In einem Punkt sind sich die Jung-Profis dennoch mit erwachsener Selbstsicherheit einig: alle würden es genau wieder so machen und bereuen keine Sekunde. Die Schnelllebigkeit des Geschäfts ist ihnen dabei zwar bewusst, zu viel will sich aber momentan keiner mit einem Plan B auseinandersetzen. Der absolute Fokus liegt im Hier und Jetzt – im Profifußball.